Alle waren im ersten Moment sprachlos vor Freude über den großartigen Erfolg. 12.000 Euro Spendenertrag gab es noch nie, und das, obwohl der Verein „Menschen für Kinder e.V.“ und das Limburger Familienunternehmen „Schäfer Dein Bäcker“ bereits zum achten Mal mit einem Spendenbrot in der Weihnachtszeit gemeinsam Geld für eine wichtige Hilfsaktion zusammen sammeln.
Der im Januar 1996 in Braunfels gegründete Verein unterstützt nämlich kranke Kinder und Kinder in Not. Mit den Spenden werden unter anderem teure medizinische Spezialgeräte, Kinderkliniken und Hospize sowie Forschungsprojekte oder innovative Rehabilitationsansätze finanziert.
Der Vorstand, der ehrenamtlich arbeitet, hatte vor einigen Monaten Kontakt zu „Schäfer Dein Bäcker“ aufgenommen, um dem kleinen Emil Pietsch zu helfen. Der Neunjährige aus dem unteren Westerwald leidet an einer unheilbaren, sehr seltenen genetisch bedingten Stoffwechselerkrankung namens „CDG-Syndrom, Typ IA“. Infolge der Stoffwechselerkrankung ist er geistig und körperlich behindert. Insbesondere sein zu klein entwickeltes Kleinhirn schränkt ihn in der Motorik, der Sprache und der Bewegung stark ein. Er kann nicht selbstständig stehen und benötigt immer eine Gehhilfe in Form eines Walkers oder für weitere Strecken einen Rolli.
Zur Verbesserung seiner Motorik und immer mit der Hoffnung verbunden, dass er vielleicht doch eines Tages einmal ein paar Schritte selbstständig machen kann, benötigt die Familie zum häuslichen Training einen sogenannten „Galileo“. Hierbei handelt es sich um eine elektrische hochfrequente „Vibrationsplatte“ die die Muskeln stabilisiert und festigt. Die Platte ist für viele Übungen eine ganz wesentliche Voraussetzung.
Die beiden Inhaber der Bäckerei, Johann und Johannes Schäfer, waren wieder sofort bereit zu helfen und kreierten ein neues „Herzbrot“. Jeweils ein Teilbetrag des Roggenbrots aus eigenem Natursauerteig kam in den Spartopf für Emil. „Schäfer Dein Bäcker“ stockte die Summe noch großzügig auf. Es war dem Juniorchef Johann Schäfer, selbst Vater von zwei Kindern, auch ein Anliegen, das Geld persönlich zu überreichen. Gemeinsam mit Klaus Peise, dem zweiten Vorsitzenden von „Menschen für Kinder“, der auch die jährliche Benefit-Radtour des Vereins organisiert, dankte er auch den Kunden der Bäckerei, die sich so stark engagiert haben. Er unterhielt lange mit den Eltern von Emil über deren Situation und den Verlauf der Krankheit, die erst spät entdeckt wurde.
Nachdem der Kleine nach einem Jahr den Kopf noch nicht halten konnte, wurden die Eltern stutzig und gingen auf die Suche nach einem Arzt, der die richtige Diagnose stellen konnte. Tatsächlich gibt es in Deutschland nur zwei Ärzte, die auf das CDG-Syndrom spezialisiert sind und es gibt in der ganzen Welt nur 2000 Menschen, die daran erkrankt sind“, berichtet Judith Pietsch. Bei so seltenen Erkrankungen wird leider wenig Geld in die Forschung gesteckt, für die Beteiligten ist die Situation sehr schwer.
„Wir waren sehr traurig, aber auch dankbar, als wir eine Diagnose hatten“, erzählt die Mutter weiter, „das Wichtigste war, dass Emil überlebt. Man weiß nicht, wie sich die Krankheit entwickelt“. Emil ist in vielen Beziehungen benachteiligt und verlangsamt. Trotzdem ist der hübsche Junge mit den großen braunen Augen der Sonnenschein der Familie. Er geht in die Förderschule und spielt sehr gerne mit seinen Geschwistern Paul (11) und Lene (3). Emil ist in jeder Lebenssituation auf die Hilfe anderer angewiesen. Das wird sich leider auch nicht ändern. Trotzdem wird der Galileo dem Jungen helfen, besser im Leben zurecht zu kommen. Der Teil der Spendengelder, die nach Kauf des Galileo übrig bleiben, soll der Forschung der Stoffwechselkrankheit zugutekommen.